Rückblick auf die Stadtverordnetenversammlung am 22. September 2022

Stadtverordnetenversammlung am 22. Sep 2022 – Ergebnisse, Rückblick und eine Zusammenfassung der von Bündnis 90/Die Grünen & Claudia Fehrenberg vertretenen Standpunkte

Die Tagesordnung der SVV vom 22. Sep 2022 ist hier einsehbar. 

TOP 7 – Besetzung der Stelle des 1. Beigeordneten hier: Beschlussfassung zum Verzicht auf die Ausschreibung der Stelle – BSVV/0686/22

Wir stellen uns folgende Frage: Warum sollte auf eine Ausschreibung verzichtet werden? Wenn man sich sicher wäre, die Stelle des 1. BG wäre bestmöglich besetzt, alle Anforderungen wären annähernd zu 100% erfüllt: dann könnte man vielleicht auf die Ausschreibung verzichten. Aber das ist im vorliegenden Fall nicht so. Der aktuelle 1. BG C. Große erfüllt die Stellenanforderungen eben nicht in einem für alle Bürgerinnen und Bürger zufriedenstellenden Maße. Er ist nicht neutral in seiner Bewertung der Arbeit der verschiedenen Fraktionen, er ist erkennbar parteilich. Auch zeigt er an vielen Stellen einen nicht unbedingt vereinenden Charakter, tritt nicht als Moderator zwischen den verschiedenen politischen Positionen in Erscheinung. Aber genau so soll und muss sich ein 1. BG verhalten. Ein 1. BG für alle Bürgerinnen und Bürger und für die von diesen gewählten Vertreter. Auch fachlich muss festgestellt werden, dass viel Raum für Verbesserung besteht. Beispielhaft sei auf die quälend lange Umsetzung der Schulanbauten am EHG und der Hagemeister GS verwiesen, oder an die Nicht-Umsetzung der Ertüchtigung der Grundschule Glindow. Neben dem Fehl für den ordentlichen Schulbetrieb verteuert die Verzögerung diese Projekte bis jetzt schon um mehr als 15 Mio €, Tendenz steigend. Auch andere Beschlüsse in seinem Zuständigkeitsbereich warten eine gefühlte Ewigkeit auf Umsetzung. Zuletzt sei daran erinnert, dass der 1. BG C. Große im vergangenen Jahr mehrere Versuche unternahm, sich beruflich aus Werder zu verabschieden. Wir denken nicht, dass die Stelle des 1. BG in Werder (Havel) als Rettungsanker verstanden werden sollte, weil anderes nicht funktioniert hat. Unabhängig von der konkreten persönlichen Eignung. Warum sollten wir als Stadtgesellschaft auf das Prinzip des Wettbewerbs verzichten? Jeder Unternehmer wäre froh, hätte er die Gewissheit auf eine Stellenausschreibung würden sich mehrere Kandidat*innen bewerben. Nur das brächte die Gewissheit, sich für die oder den Besten entscheiden zu können. 

Sowohl die Abstimmung zur Verkürzung des Verfahrens als auch die anschließende Wahl gingen mehrheitlich im Sinne der Antragsteller aus. C. Große ist daher ab dem 1. Jan 2023 für weitere 8 Jahre 1. BG der Stadt Werder (Havel). 

TOP 10 – Schulfördervertrag mit der Hoffbauer-Stiftung hier: Ergänzung – BSVV/0693/22

Diese Beschlussvorlage ist unserer Meinung nach nicht ausreichend vorbereitet, um in der Stadtverordnetenversammlung am 22. Sep 2022 entschieden zu werden. Anhand der der Beschlussvorlage beigefügten Materialien wird eine Sporthalle um 1200m2 BGF (Bruttogeschossfläche) erweitert, d.h. um gut ⅓ vergrößert. Den Unterlagen zufolge ziehe dies eine Kostensteigerung von rund rund 60% nach sich, also gut ein Plus von ⅔ gemessen an er ursprünglichen Ausbauvariante. Es ist aber gar nicht erkennbar, wodurch die BGF um ⅓ zunehmen soll, umfasste doch die ursprüngliche Planung schon eine Zuschauertribüne. Warum dazu ein Flächenzunahme von rund ⅓ zu ⅔ höheren Kosten führen soll, ist auch nicht erkennbar. 

Unzureichend für eine heutige Entscheidung ist ebenfalls geklärt, welche Gegenleistung die Stadt für ihr zusätzliches finanzielles Engagement erhält. Der Schulfördervertrag legt unter § 3 fest, dass die Trägerin der Stadt ein kostenfreies Mitnutzungsrecht einräumt, ausgenommen davon sind Betriebskosten. Was dies allerdings im Einzelnen bedeutet, ergeht weder aus dem Schulfördervertrag noch aus der heutigen Beschlussvorlage hervor. Mitnutzung außerhalb der Schulzeiten kann einige Stunden am Wochenende oder aber die gesamte Zeit außerhalb der Schulzeit bedeuten. Die angedachte Nutzung für Chor und Theater, in einer akustisch unzureichend dafür geeigneten Sportstätte, scheint unrealistisch. An dieser Stelle sei an die Diskussion um den Aula Bau am Ernst-Haeckel-Gymnasium erinnert, als Funktionserweiterungen der geplanten Aula seitens einiger Fraktionen und namentlich durch C. Große, als nicht notwendig erachtet wurden. Am EHG soll stattdessen ein Funktionsbau ausreichen, während nun eine Sporthalle zur Theaterbühne wird? Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen, ob eine weitere finanzielle Beteiligung am Hoffbauer Bildungscampus ein gutes Geschäft für unsere Stadt Werder oder für den Träger Hoffbauer ist. Dafür braucht es eine Debatte in den Fachausschüssen unter transparenter Darlegung aller Fakten. Im Sinne einer disziplinierten und verantwortungsvollen Haushaltsführung kann die nicht nachvollziehbare Beschlussvorlage nicht entschieden werden. Unsere Fraktion beantragte daher die Verweisung in den Fachausschuss, um die vielen offenen Fragen auskömmlich zu klären. Eine Zustimmung für Ausgaben bis zu 2,8 Mio € bei ungeklärter Gegenleistung kann es unserer Meinung nicht geben.   

In der Abstimmung fand unser Antrag auf Verweisung in die Ausschüsse keine Mehrheit. Die anschließende Abstimmung zur Ausweitung des finanziellen Engagements der Stadt Werder in den Hoffbauer Campus wurde mehrheitlich angenommen. 

TOP 11 – Havel-Therme: Änderung des Betriebs- und Instandhaltungsvertrages hier: Einführung eines Werder Bäder Passes/ Einheimischen-Modell – BSVV/0694/22

Unser Alltag ist vom Miteinander geprägt, gemeinsam haben wir vieles erreicht. Wir wachsen auf vielen Ebenen zusammen, wenn manchmal auch nur langsam. Wir sind begeistert von dem, was alle zusammen erreichen. Vom 17. – 24. Sep 2022 fand in Werder wieder die Aktionswoche für ein weltoffenes Werder statt und Menschen überlegen gemeinsam, wie wir als Stadt noch offener, noch einladender für unsere Besucher werden können. Diese Beschlussvorlage zur Einführung eines sogenannten Einheimischen-Modell in der Therme wirkt in die exakt entgegengesetzte Richtung. Statt zu vereinen, soll unterschieden werden. Dabei sind wir in Werder allgemein, aber vor allem unsere Therme auf viele Besucher angewiesen. Diese kommen mehrheitlich von außerhalb. Ob Tagestourist, Besuch von Bekannten oder Gästekarten-Inhaber, alle sollen sich hier gleichermaßen wohl fühlen und gern wiederkommen. Auch wir wünschen uns, dass wir beim Besuch anderer Städte nicht anders als andere behandelt werden. Der Vertrag mit dem Thermenbetreiber sieht zu Recht besonders günstige Eintrittspreise für den Familien- und Sportbereich vor. Denn dieses Angebot ist für alle gedacht, egal welche Einkommensschicht. Eben öffentliche Daseinsvorsorge. Oder anders gesagt: sozial. Aus der gleichen Überzeugung unterscheiden andere Städte nicht, wer ihre Parks, Spielplätze, Radwege oder öffentliche Toiletten benutzt. Der soziale Gedanke darf nicht an der Stadtgrenze enden. Ja, jede Werderanerin und jeder Werderaner hat umgerechnet mit rund 2000€ sehr viel Geld für den Bau der Therme ausgegeben. Und ja, die aktuelle Entwicklung der Energiekosten wird zumindest eine temporäre Anpassung der Eintrittspreise nach sich ziehen müssen. Es wäre aber scheinheilig, von einer Entlastung für Einheimische zu sprechen, die, ob Thermenbesucher oder nicht, zukünftig ggf. noch mehr ausgeben werden. Seien es die auch für Einheimische erwartbar steigenden Eintrittspreise oder das stete Risiko, letztendlich doch Bürge für die Therme zu sein. Dieses vermeintliche Geschenk an die Menschen in Werder führt einerseits zur Spaltung und lässt unsere Stadt weniger weltoffen und einladend wirken. Andererseits sind es die Auswärtigen, die neben Badespaß und Erholung in der Therme auch anderes in Werder entdecken und so für eine weit über die Therme hinaus wirkende Belebung sorgen sollen.       

Leider fand in der Abstimmung die Beschlussvorlage eine Mehrheit. Wir finden, dies ist kein gutes Zeichen für Werder und sorgt schlimmstenfalls für eine wirtschaftliche Benachteiligung unserer Therme gegenüber anderen Anbietern.

TOP 20 – Ausbau der Gemeindestraße Plötziner Straße im OT Glindow hier: Bestätigung Entwurfsplanung – BSVV/0616/22

Aus der Diskussion im Fachausschuss ist letztendlich eine wesentliche Erkenntnis gereift. Es gibt 2 mögliche Ansätze, die Thematik Regenentwässerung anzugehen. Eine technisch anspruchsvolle Lösung (Rohrrigolen), die sich in die aktuellen Gegebenheiten der Verlegung der Ent- und Versorgungsleitungen einfügt. Oder eine Lösung, die durch eine Verlegung ebendiesen Rohrleitungen Platz für eine technisch weniger anspruchsvolle Lösung erzeugt (offene, abgetreppte Mulden). Beide Varianten haben ihr für und wider und Ziel unserer Ergänzungsantrages (LINK) war, diese auszuloten und die zu erwartenden langfristigen Kosten gegenüberzustellen. Dabei soll gleichzeitig geprüft werden, wie die ästhetische und ökologische Wirkung der Straße durch die Anpflanzung zusätzlicher Bäume aufgewertet werden kann, was sich sehr positiv für Anwohner und Nutzer auswirkt. Der Straßenkörper bietet grundsätzlich ausreichend Platz, um hier eine typisch brandenburgische Allee herzustellen.         

Wir sehen in der Ablehnung unseres Ergänzungsantrages die verpasste Gelegenheit, einen grundhaften Straßenausbau an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. 2022 müssen unserer Meinung nach weit mehr als die rein verkehrlichen Anforderungen Berücksichtigung finden. Werder und seine Ortsteile haben in den vergangenen Jahren erheblich straßenbegleitendes Grün verloren und es wäre aus vielen Gründen sehr notwendig, dieser Entwicklung im Rahmen des Ausbaus der Plötziner Straße entgegenzuwirken.  

TOP 21 – Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen & Claudia Fehrenberg zur Havel Therme hier: Sicherstellung der Ergebnisse des Betriebs-und Instandhaltungsvertrages Havel Therme – BSVV/0638/22

Mehr als ein Jahr Betrieb der Therme liegen hinter uns und noch immer ist uns Stadtverordneten nicht bekannt, wie gut oder schlecht dieses erste Jahr in Zahlen lief. Der sehr teure Bauvertrag mit dem heutigen Betreiber sollte uns vor Risiken schützen, damit zu den immensen rund 50 Mio € Kosten für die Errichtung der Therme nicht noch weitere Zuschüsse über die Jahre hinzukommen. Aufgabe von uns Stadtverordneten ist es, die Zielsetzung des Vertrages, also den positiven Saldo am Ende eines jeden Geschäftsjahres, im Auge zu behalten. Dafür braucht es eine leicht verständliche Übersicht zu den Einnahmen und Ausgaben zur Therme. Die Übersicht in der Sache zu behalten, fällt allerdings nicht leicht. Zum wiederholten Male reicht Fr. Bürgermeisterin Beschlussvorlagen ein, die den Inhalt der geschlossenen Verträge zu verändern suchen. Erst den Bauvertrag, nun den Betriebsvertrag. Unser Antrag (LINK) ist notwendig, damit wir Stadtverordneten über alles hin und her hinweg überprüfen können, ob die Zielsetzung der Verträge mit dem aktuellen Betreiber erreicht wird.     

Auch dieser Antrag fand keine Mehrheit in der SVV. Fr. Bürgermeisterin verwies auf die Jahresabschlüsse, welche doch Auskunft über den beantragten Sachverhalt geben würden. Zum einen sind Jahresabschlüsse in der Vergangenheit mit Jahren Verspätung an die Stadtverordneten zum Beschluss vorgelegt worden, zum anderen werfen Einträge im aktuellen Doppelhaushalt Fragen bezüglich der Ausgaben in die Therme auf. Auch auf mehrmaliges Nachfragen ist nicht erkennbar, welche Ausgaben tatsächlich fließen. Wir können nicht erkennen, dass hier ausreichend Transparenz in Richtung der Stadtverordneten geschaffen ist und wundern uns, dass die Mehrheit ebendieser Stadtverordneten sich damit zufrieden zeigt.      

TOP 23 – Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen & Claudia Fehrenberg zum Prüfauftrag gem. Beschluss BSVV/0869/18 hier: Ausweitung des Prüfauftrages an die KPMG – BSVV/0639/22

Die noch genauere Befassung mit der Aktenlage zum ersten Versuch mit der Kristall AG, hier in Werder ein Bad zu errichten, hat gezeigt, dass der an KPMG ergangene Prüfauftrag (LINK) nicht richtig justiert war. Beauftragt war die Überprüfung des Verwaltungshandelns bei Prüfung und Freigabe von Teilrechnungen. Wir gehen nicht davon aus, dass es dabei zu Unregelmäßigkeiten kam. Vielmehr sehen wir aber das veränderte Bauwerk, d.h. das tatsächlich errichtete Bauwerk im Gegensatz zum einst den Stadtverordneten vorgestellten und von denen beschlossenes Bauwerk, als Ursache für die Überzahlung und damit verbunden, den Verlust für die Stadt von gut 10 Mio€. Ziel der Erweiterung des Prüfauftrages war es daher, genau diesen Punkt stärker zu beleuchten, um zu ergründen, warum ein Vertrag mit Kristall geschlossenen wurde, der sich als nachteilig für die Stadt herausstellte und warum die massiven Veränderungen am Bau für mehr als 1 Jahr nicht auffielen, was unserer Meinung nach hauptsächlich für die Verteuerung verantwortlich war. Was hat dazu geführt, dass die rund 18 Mio € – der vertraglich vereinbarte Gesamtpreis – fast vollständig bezahlt waren, aber auf der Baustelle lediglich ein halb-fertiges Gebäude stand?         

Unser Antrag (LINK) fand keine Mehrheit in der Abstimmung. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass eine Beschäftigung mit dem Thema verpflichtend ist. Verluste von mehreren Millionen Euro und eine unzureichende Fehleranalyse sollten nicht einfach hingenommen werden, ohne daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.  

TOP 27 – Antrag der Fraktion FREIE BÜRGER Werder zum Verbot von Schottergärten hier: Erarbeitung einer Satzung – BSVV/0647/22

Wir begrüßen die erneute, nunmehr 2. Änderung des Antrages. Damit ist der Antrag inhaltlich nicht wie anfangs eine Doppelung schon bestehender gesetzlicher Regelungen (BbgBO §8). Der Antrag wirbt nunmehr für eine weiterführende Information über bestehendes Recht. Damit besteht die Hoffnung, dem Thema ein größeres Augenmerk zu verleihen und so auch ohne Androhung von Strafen das gewünschte Ziel zu erreichen. Die Notwendigkeit, sogenannte nicht-überbaute Flächen wasseraufnahmefähig und begrünt zu belassen oder herzustellen, ist hoffentlich von allen erkannt. Dabei sind Schottergärten die wohl auffälligste Form der Missachtung dieses Ziels. Neben den im Antrag vorrangig angesprochenen Neubauten (B-Plan bzw. Baugenehmigung), sollten alle Bürgerinnen und Bürger angehalten sein, diese gesetzliche Regelung einzuhalten. Daher wünschen wir uns, dass das im Antrag vorgeschlagene Info-Material auch an die Haushalte geht, bei denen im Bestand Grund zur Nachbesserung besteht. Das könnte z. B. durch das Ordnungsamt organisiert werden.  Der Antrag fand eine breite Zustimmung.